Selbst denken!

„Fernstudium Theologie“ weist Wege zu eigenständiger Beschäftigung mit Gott, Bibel und Kirche

Pfarrerin Antje Röckemann vom Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid hat als Autorin die Studienbriefe des Fernstudiums Theologie mitgestaltet. Foto: Cornelia Fischer

Pfarrerin Antje Röckemann vom Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid hat als Autorin die Studienbriefe des Fernstudiums Theologie mitgestaltet. Foto: Cornelia Fischer

„Meine Lieblingslektüre? Sie werden lachen: die Bibel.“ Die legendäre Aussage von Bertolt Brecht weist daraufhin, dass die Bibel Fragen unzähliger Menschen nach dem Sinn ihres Lebens, dem Ursprung der Welt und der Zukunft der Menschheit aufnahm. Doch wie kann man zur Bibel, zu theologischen Schriften und allgemein theologischen Themen aus heutiger Sicht, mit einem geschlechterbewussten Zugang und dem Wunsch nach vertieftem Verständnis neue Ansätze finden? Wie können Laien, die kein Theologiestudium absolvierten, aber den Wunsch nach vertieften Kenntnissen haben, sich Bibeltexten nähern?

Vertiefte Einblicke und eigenständige Beschäftigung mit theologischen Texten

„Es ist unsere Aufgabe, Menschen zu befähigen und eine theologische Weiterbildung anzubieten“, sieht Antje Röckemann, Pfarrerin im Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid, die Notwendigkeit solch einer Fortbildung. Hervorgegangen aus der feministischen Theologie ist der geschlechterbewusste Zugang dieses Fernstudiums keineswegs nur für Frauen gedacht.

Die evangelische Kirche betont das Priestertum aller Gläubigen. „Dafür müssen wir aber auch wissen, wovon wir da reden. Selbst denken, im lutherischen Sinne“, so formulierte es ein ehemaliger Studienteilnehmer. Vertiefte Einblicke in theologische Texte, das erhoffen sich Viele, die sich für diese Weiterbildung angemeldet haben.

Studienbriefe behandeln lebensrelevante Themen

Die Arbeitsgrundlage dieses Fernkurses bilden sieben Studienbriefe: Bibel, Gott, Christus Jesus, Kirche, Ethik und Spiritualität. Ein weiterer Studienbrief behandelt die Grundlagen und Kontexte der feministischen und geschlechterbewussten Theologie. An der Entwicklung dieser Studienbriefe war auch Pfarrerin Antje Röckemann als Autorin beteiligt. Lebensrelevante Themen und Fragen werden in den Studienbriefen behandelt. Mit vielen Bezügen in die gegenwärtige Gesellschaft. „Es ist an der Zeit, Wissens-Hierarchien abzubauen. Das Fernstudium übersetzt die akademische Theologie gewissermaßen in den Alltag der Menschen und ist damit ein tolles Angebot für alle, die im Presbyterium oder der Gemeindearbeit mitwirken“, stellt Pfarrerin Röckemann heraus.

Oder sich auf eine Prädikant*innenausbildung vorbereiten. Wie Kisten Dohm aus der Apostel-Kirchengemeinde zum Beispiel. „Ich stand für die Ausbildung zur Prädikantin auf der Warteliste, erfuhr im Presbyterium vom Fernstudium Theologie und bin sehr froh, dass ich die Möglichkeit dazu bekam!“

Die Bibel in gerechter Sprache kennenzulernen, war für Dohm ein großer Gewinn dieses Studiums. „Vorher war mir gar nicht so bewusst, wie männerbezogen die Bibel bisher geschrieben war.“ Und auch neue Formen des Abendmahls hat Dohm bei dieser Ausbildung kennengelernt, die sie bald auch gern in ihrer Gemeinde umsetzen möchte.

Fernstudienbriefe zum Selbstlernen mit Präsenzwochenenden oder digitaler Begleitung

Die Fernstudien-Briefe sind bei der Ev. Arbeitsstelle Fernstudium zu erwerben. Und wer nicht ganz alleine am Schreibtisch lernen will, kann in fast jeder Landeskirche ein Angebot finden, das Selbstlernen mit Präsenzwochenenden (oder aktuell digitaler Begleitung) verbindet. In der Westfälischen Landeskirche wird diese Weiterbildung vom Institut für Kirche und Gesellschaft angeboten und richtet sich an alle, die tiefer in theologische, biblische und spirituelle Fragen einsteigen wollen.

Wie Thomas Müller zum Beispiel. Der Diplom-Informatiker war als Presbyter mit Bibeltexten konfrontiert, die er gern besser verstehen und interpretieren wollte. Penibel, wie er sagt, habe er die Studientexte durchgearbeitet. „Es hat Vieles in mir und für mich durcheinander gebracht. Die Sühnetheorie zum Beispiel. Und mir wurde klar, wie stark sich gesellschaftliche Dinge auf kirchliche Prozesse auswirken.“ Und auch wenn es sich bei diesem Fernstudium nicht um ein Studium im klassischen Sinne handelt, Zeit und Einsatz sollte Jede und Jeder dafür ausreichend mitbringen. „Ich wünsche mir, dass die Teilnehmenden lernen, dass Theologie eine lebendige Geschichte ist, die sich weiterentwickelt, wie die Kirche auch“, fasst Pfarrerin Röckemann das Anliegen dieser Fortbildung zusammen.

Wer Interesse am Fernstudium „Theologie geschlechterbewusst. Kontextuell neu denken“ hat, kann sich für den nächsten Durchgang, der in zwei Modulen angeboten wird, noch anmelden! Frauke Haardt-Radzik